Geschäftsbericht der Lindenhofgruppe 2020

20 Jede Operation erforderte eine Begründung. Das beschäftigt uns teilweise noch heute. Ich kann hier nicht von einem «neuen Zusammenschluss» in der Ärzteschaft sprechen. Auf meine Rolle als Präsident des Ärztevereins hat sich die Corona-Pandemie nicht ausgewirkt. Das hat auf den ganzen Vorstand abgestrahlt, da wir alles gemeinsam im Vorstand behandeln. Der Vorstand wollte sich mehr einbringen, hat aber nicht immer das erhoffte Gehör gefunden. Wie haben Sie das Krisenmanagement innerhalb der Lindenhofgruppe erlebt? Stephanie E. Gasser: Die Lindenhofgruppe hat schnell einen Krisenstab aufgebaut und zeitnah kommuniziert. Ich persönlich kann diese Frage nur aus Sicht der Radiologie beantworten: Die Konzepte für die tägliche Praxis in der Radiologie mit Covid-19 haben wir Belegärztinnen und -ärzte intern und gemeinsam mit den Mitarbei- terinnen und Mitarbeitern der Radiologie entwickelt. Für den Krisenstab der Lindenhofgruppe ist es nur schwer möglich, eigene Schutz- und Arbeitskonzepte für alle Fachbereiche zu entwickeln. Der Fokus lag auf den Notfallstationen und den mit Covid-19 Infizierten sowie auf deren Behandlung und Pflege. Das forderte von der Abteilung viel Eigeninitiative. Dieser Entwicklungsprozess lief nicht immer reibungsfrei ab, konnte aber zusammen mit dem Krisenstab in eine konstruktive Richtung gelenkt werden. Das Krisenmanagement insgesamt kann ich nicht beurteilen. Wir waren stark mit uns selbst beschäftigt und mein Fokus lag auf der Radiologie. Wir haben viel in das mentale Setting der ärztlichen und nicht ärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investiert. So konnten sich alle darauf einstellen, an der Front zu arbeiten. Viele Mitarbeitende ausserhalb der Radiologie haben zu Beginn nicht wahrgenommen, dass neben dem Notfall und der Intensivpflege-Station auch die Mitarbeitenden der Radiologie ganz vorne an der Front arbeiten. Denn die Patientinnen und Patienten – ob infiziert oder mit Covid-Verdacht – beziehen mehrmals täglich radiologische Dienstleistungen. Dieser direkte Kontakt bedeutet auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein erhöhtes Infektionsrisiko. In Bezug auf Schutzmaterialien und -massnahmen sind wir deshalb beharrlich geblieben. Damit sind wir beim Krisenstab auf offene Ohren gestossen. Den Krisenstab als Ganzes kann ich nicht beurteilen. Das wäre vermessen. Wie wichtig ist das Onkologiezentrum Bern für die Positionierung der Spitalgruppe? Stephanie E. Gasser: Die Onkologie ist in der Lindenhofgruppe seit Jahrzehnten mit einem breiten Angebot und verschiedenen Fachdisziplinen verankert. Deswegen sehe ich die Positionierung dieses Leistungsschwerpunkts als Zusammenfassung von Entwicklungen, die seit Jahren laufen. Mit dem Onkologiezentrum Bern bündelt man dieses Fachwissen nun gezielter. Die Zertifizierung objektiviert die dargebotene Qualität. Das Zentrum ist eine Plattform für interdisziplinäre Zusammenarbeit. Das ist eine Stärke. Aber das bedeutet auch, sich kritischen Fragen von Kolleginnen und Kollegen zu stellen. Das gilt vor allem für Einzelkämpferinnen und -kämpfer. Austausch fördert die Qualität. Ich finde die Entwicklung zum Onkologiezentrum gut. Wichtig ist jetzt, dass wir es auch mit Inhalt füllen. Da sind die Ärztinnen und Ärzte gefordert. Für uns ist es zusätzlicher Aufwand, die entsprechenden Inhalte zu den M-und-M-Konferenzen und den Tumorboards zu bearbeiten und aufzuarbeiten. Das braucht Ressourcen seitens der Ärztinnen und Ärzte, und ich wünsche mir, dass dies von den Zuständigen der Lindenhofgruppe etwas mehr wahrgenommen wird. Das Onkologiezentrum Bern setzt auf intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit. Es bündelt das gesamte ärztliche und pflegerische Fachwissen an einem einzigen Ort – zum Wohl der Patientinnen und Patienten. «Austausch fördert die Qualität.» Geschäftsbericht 2020 Lindenhofgruppe Vorwort Verein Ärztekollegium

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