Ein Erfahrungsbericht zur Hyperthermie­behandlung

Gezielte Überwärmung: Die Hyperthermie ist keine neue Erfindung. Lange wurde sie jedoch unterschätzt. Heute kann sie als Kombinationstherapie mit niedrig dosierter Strahlentherapie oft eine länger anhaltende Tumorkontrolle erreichen. Das Lindenhofspital ist in dieser Disziplin zum schweizweiten Referenzzentrum geworden. Unsere Patientin Michèle Bowley hat gute Erfahrungen damit gemacht.

«Ich mache nichts mehr, das mir die Lebenszeit stiehlt.» Michèle Bowley ist fest entschlossen. Die Zeit, die ihr bleibt, möchte sie sinnvoll nutzen und so positiv erleben, wie es geht. Ihre Haltung ist klar. Als Gesundheitspsychologin motiviert sie in ihrer Praxis psyche-staerken Menschen dazu, gut für sich zu sorgen, bewusst zu leben, ihr Potenzial und ihre Talente voll auszuschöpfen. Nach dem Studium forschte sie am Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Basel. Danach hat sie die Fachstelle Tabakprävention der Lungenliga beider Basel aufgebaut. Sie war Geschäftsleiterin vom Verein Gsünder Basel, engagierte sich als Programmleiterin psychische Gesundheit in Zug und bei Tandem50plus. Sie ist im Betroffenenrat der Krebsliga aktiv.

Ausgebremst

Die aktive Mittfünfzigerin steht voll im Leben, als sie im August 2020 die Diagnose Brustkrebs erhält. Triple negativ, sehr aggressiv - die Prognose eher schlechter. Chemotherapie, Operation, Bestrahlung und eine zusätzliche orale Chemotherapie bestimmen über viele Monate ihr Leben. Michèle Bowley lässt sich davon nicht unterkriegen und zeichnet in einem Videotagebuch ihre Erfahrungen auf. Im Herbst 2021 dann wieder eine schlechte Nachricht: Hirnmetastasen, inoperabel. Ihre Überlebensprognose soll drei bis sechs Monate lauten. Die Hirnmetastasen sind im September bestrahlt worden. Im Januar 2022 schiessen erneute Tumorknoten (Lokalrezidiv) direkt über der amputierten Brust auf.

Unerwartete Wendung

Inzwischen hat sich die Gesundheitspsychologin intensiv mit ihrer Erkrankung, mit dem Leben und dem Tod auseinandergesetzt und beschlossen, dass sie keine kräftezehrende Therapie mehr machen möchte. Sie arrangiert sich, lebt intensiv und bereitet sich und ihr Umfeld auf ihr Sterben vor. Um wenigstens die Herde über der Brustwand in den Griff zu bekommen, rät ihr ihre behandelnde Ärztin in Basel zu einer Hyperthermiebehandlung im Berner Lindenhofspital. Widerwillig stimmt Michèle Bowley einem Versuch zu. Schon nach der ersten Sitzung ist sie von der Hyperthermiebehandlung und ihrem Arzt Dr. Notter begeistert. «Mit jeder Wärmebehandlung und low dose Bestrahlung zieht sich das Lokalrezidiv zurück», stellt Bowley zufrieden fest. Dr. Notter schlägt eine weitere bildgebende Untersuchung vor, weil er eine Idee hat, wie er seiner Patientin bezüglich der Hirnmetastasen eventuell helfen könnte. Doch die Untersuchung bringt ein unerwartetes Ergebnis. Im Video erfahren Sie mehr.

Michèle Bowley über das Leben, den Tod und etwas, das so niemand erwartet hätte.

Michèle Bowley über das Leben, den Tod und etwas, das so niemand erwartet hätte.

Der rote Faden im Leben von Dr. med. Markus Notter

«Schon zu Studienzeiten hat mich die Hyperthermie fasziniert», erklärt Markus Notter, Facharzt Radio-Onkologie am Lindenhofspital während er das High-Tech-Gerät zur Oberflächenhyperthermie vorführt. «Damals sah das natürlich noch nicht so aus», lachend zeigt er auf die beiden Monitore mit den Temperaturkurven. Er hat das Oberflächenhyperthermiegerät nach seinen eigenen Vorstellungen mitentwickelt. Markus Notter engagiert sich schon lange auf dem Gebiet der Hyperthermie und sein Erfolg gibt ihm recht. Das «Notter-Schema» findet inzwischen schweizweit Beachtung. So ist auch Frau Bowley zu ihm gekommen – über die Empfehlung ihrer Basler Onkologin.

Kombinationstherapie mit Hyperthermie: Schnell sein zählt

Dr. Notter erklärt, was das Wichtigste dabei ist: «Der zeitliche Abstand zwischen Erwärmung und Bestrahlung der Tumoren sollte möglichst kurz sein. Dieses Vorgehen erlaubt, die Strahlendosis massiv zu reduzieren.» In der Radio-Onkologie des Lindenhofspitals steht das Oberflächenhyperthermiegerät deshalb in unmittelbarer Nähe zum Strahlenbeschleuniger. Die Patientinnen und Patienten werden 45 bis 60 Minuten lang «erwärmt», anschliessend sind sie in weniger als drei Minuten bei der Bestrahlung. «Alle sind vorbereitet: Wir programmieren den Beschleuniger im Voraus mit den individuellen Parametern. So stellen wir sicher, dass die Bestrahlung sofort beginnen kann.» Es gelang Markus Notter ein kompetentes interdisziplinäres Hyperthermieteam aufzubauen, das sich für diese schwierig zu behandelnden Situationen einsetzt.

Dr. med. M. Notter bei der Hyperthermiebehandlung.
Dr. med. M. Notter bei der Hyperthermiebehandlung.
Dr. med. M. Notter bei der Hyperthermiebehandlung. Die Therapie zielt auf Tumoren ab, die nicht gut auf Chemo- und Hormontherapien reagieren, zuvor bestrahlt wurden und nicht operabel sind.
Über die Monitore kontrolliert Dr. Notter die Temperaturkurven und prüft die Temperaturwerte. 45–60 Minuten dauert die Wärmebehandlung.
Über die Monitore kontrolliert Dr. Notter die Temperaturkurven und prüft die Temperaturwerte. 45–60 Minuten dauert die Wärmebehandlung.
Über die Monitore kontrolliert Dr. Notter die Temperaturkurven und prüft die Temperaturwerte. 45–60 Minuten dauert die Wärmebehandlung. Direkt im Anschluss erfolgt die Bestrahlung am Linearbeschleuniger.

Kombinationstherapie mit Hyperthermie: Vorteile für Patientinnen und Patienten

  • Ambulante Therapie und überschaubare Therapiedauer – ca. 5 bis 6 Wochen
  • Gewinn an Lebensqualität: weniger Nebenwirkungen der Bestrahlung, weniger und Schmerzen, geringerer Pflegeaufwand
  • In den meisten Fällen lassen sich auch sehr ausgedehnte Tumoren erfolgreich zurückdrängen
  • Inzwischen sind die Vorteile der Kombinationstherapie gut belegt
  • Therapie ist im Katalog der kassenpflichtigen Leistungen des Bundesamts für Gesundheit aufgenommen

Kombinationstherapie mit Hyperthermie: So wirkt sie

Die erfolgreiche Kombination von Wärme und Strahlung kommt in der Radio-Onkologie des Lindenhofspitals bisher vor allem bei der Oberflächenhyperthermie zum Einsatz. Dabei werden oberflächennahe Tumoren, die bis in eine Tiefe von maximal drei Zentimetern reichen, behandelt. Es handelt sich meistens um Tumoren, die unempfindlich auf Chemo- und Hormontherapie sind, die bereits einmal bestrahlt wurden und nicht mehr operiert werden können. Die bösartigen Tumoren werden auf 42 bis 43 Grad Celsius erwärmt und so für eine schwach dosierte Bestrahlung vorbereitet.

Die Überwärmung aktiviert in den Tumorzellen Stoffwechselprozesse, welche die Wirkung der Bestrahlung verstärken. Es wird die Sauerstoffaufnahme gefördert, was ebenfalls strahlenverstärkend wirkt. Zudem wird die Produktion von Reparaturenzymen gehemmt, gleichzeitig werden immunologische Aktivitäten provoziert. Grosse Wucherungen, sogenannte Neoplasien, können Wärme eher schlecht abtransportieren, weil sie weniger gut durchblutet sind. Diese Erwärmung führt dazu, dass der Gefässkreislauf des Tumors zusammenbricht. Das führt zu einer weiteren intratumoralen Temperaturerhöhung und die Wirkung der Hyperthermie verstärkt sich noch.

Schweizweit bekannt und sehr erfahren bei Hyperthermie

Die Radio-Onkologie der Lindenhofgruppe setzte 2015 weltweit als erste die Thermografie gesteuerte Oberflächenhyperthermie ein. Sie besitzt auch die längste und grösste Erfahrung mit über 3000 durchgeführten Therapie-Sitzungen. Dank dem gemeinsamen Einsatz von Pflege, MTRA, Medizinphysikerinnen und -physikern, Ärztinnen und Ärzten im Hyperthermie-Team konnte das Spektrum der Hyperthermie-Anwendungen bedeutend erweitert werden. Inzwischen können auch tiefer gelegene Tumoren durch Tiefenhyperthermieverfahren in Kombination mit der Bestrahlung behandelt werden.

Neues Angebot der Radio-Onkologie

Die modernen radio-onkologischen Therapien der Lindenhofgruppe nutzen die positiven Effekte der gezielten Überwärmung von Tumoren. Mit Hilfe der «Regionalen Tiefenhyperthermie» kann unter anderem die Intensität der Bestrahlung gesenkt werden.

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