Monica von Bodisco

«Ein Patient ist innerhalb kürzester Zeit mit der Sauerstoffsättigung entgleist, dass es ihm von jetzt auf gleich immer schlechter ging. Das war gegen 11 Uhr. Der Patient war negativ getestet, hat noch mit seiner Frau telefoniert. Sein Zustand verschlechterte sich weiterhin immens schnell. Um 16 Uhr ist der Patient verstorben. Die Angehörigen durften kurz vor dem Tod noch zum Patienten kommen. Das war eine Herausforderung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das nimmt man mit nach Hause und hat auch einen Einfluss auf das Familienleben. Denn da konnte ich kein Nachbarskind hüten. Einfach aus der Angst heraus, jemanden anzustecken. Ich habe eines Morgens eine Nachricht von der Lehrerin meines Sohnes bekommen. Sie sagte, mein Sohn trage jetzt plötzlich eine Maske in der Schule. Er ist zehn Jahre alt. Wie er sagte, um uns zu schützen, weil es uns, seine Eltern, in der Pandemie nun unbedingt braucht. Davon hatte ich keine Ahnung. Ich wusste nicht einmal, dass er eine Maske mitgenommen hatte. Unsere Vorgesetzte hat uns ein Zitat von Max Frisch auf den Weg gegeben: «Eine Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.» Daran habe ich in dieser Zeit oft gedacht. Das Berufsethos in der Pflege ist unglaublich stark. Aber vom Klatschen wird man nicht satt. Das hat mich auch zeitweise wütend gemacht.»