«Wir wollen die bestmögliche Lösung finden»
15. Nov 2025
Jeannette Weber leitet das Team der Patienten-Coaches am Lindenhofspital in Bern. Die diplomierte
Pflegefachfrau gibt Einblick in diese neue Funktion und zeigt, wie Patienten-Coaches die Koordination
vom Eintritt bis zum Austritt der Patientinnen und Patienten sicherstellen – und passende Anschlusslösungen
finden.
Frau Weber, das Lindenhofspital arbeitet neu mit
Patienten-Coaches. Aus welchem Grund?
Früher begann die Austrittsplanung erst am Ende des
Spitalaufenthalts. Heute setzen wir viel früher an: bei geplanten
Hospitalisationen im Voraus, sonst spätestens beim Eintritt, um unnötige
Verzögerungen zu vermeiden. Als Patienten-Coaches sorgen wir dafür, dass die
Abläufe effizient sind und alle Schritte koordiniert erfolgen. Die Patientinnen
und Patienten müssen nicht mehrmals dieselben Fragen beantworten, weil wir als
konstante Ansprechpersonen den Überblick behalten. So finden wir frühzeitig passende
Lösungen und schaffen gleichzeitig freie Betten für geplante Eingriffe.
Wie gestaltet sich ein typischer Arbeitstag als
Patienten-Coach?
Mein Tag beginnt früh am Morgen. Zuerst prüfe ich, welche
Patientinnen und Patienten neu eingetreten sind, und wir besprechen im Team,
wer welche Fälle übernimmt. Auf der Abteilung tausche ich mich zuerst mit der
Pflege und der Ärzteschaft aus. Danach besuche ich die Patient:innen und kläre
mit ihnen und ihren Angehörigen, welche Unterstützung nach dem Spital nötig
ist – etwa Spitex, eine Reha oder ein Pflegeplatz. Gleichzeitig finde ich
Anschlusslösungen, hole Kostengutsprachen bei den Krankenkassen ein. Kurz
gesagt: Mein Alltag ist von Koordination und Austausch geprägt.
Welche Aufgaben machen den grössten Teil Ihrer Tätigkeit
aus?
Ein wichtiger Teil meiner Arbeit besteht aus Gesprächen mit
Patientinnen, Patienten, Angehörigen und dem Behandlungsteam. Ich begleite die
Menschen in schwierigen Situationen. Zum Beispiel wenn jemand schwer krank ist
und nicht mehr nach Hause zurückkehren kann. Dabei ist viel Empathie gefragt,
denn die Situation belastet die Betroffenen oft stark. Hier leiste ich
emotionalen Beistand und spende Trost.
Wie erleben Sie Ihre Rolle an der Schnittstelle zwischen
Pflege, Ärzteschaft, Patient:innen und Angehörigen?
Meine Rolle ist bereichernd und gleichzeitig herausfordernd.
Die Kommunikation steht dabei im Zentrum: Als Patienten-Coach und Koordinatorin
muss man Freude daran haben, sich mit vielen verschiedenen Menschen
auszutauschen. Da ich mit unterschiedlichen Anspruchsgruppen arbeite, passe ich
meine Kommunikation jeweils dem Gegenüber an. Mit Pflegenden und der
Ärzteschaft bespreche ich fachliche Themen, während ich für Patient:innen und
Angehörige leicht verständliche Worte wähle. Dabei bleibt das Ziel immer dasselbe:
gemeinsam die bestmögliche Lösung für die Patientinnen und Patienten zu
finden.
Können Sie ein Beispiel nennen, bei dem Ihre Koordination
besonders hilfreich war?
Gerade bei Eintritten über das Notfallzentrum Bern der
Lindenhofgruppe zeigt sich, wie wertvoll eine gute Koordination ist. Wenn alle
Beteiligten früh zusammenkommen, lassen sich viele Fragen sofort klären und
die richtigen Schritte einleiten. Besonders hilfreich ist es, wenn wir auf
bestehende Unterlagen zurückgreifen können, etwa bei wiederholten
Spitalaufenthalten. Das spart Zeit und verhindert Doppelspurigkeiten. Vor allem
bei ungeplanten Eintritten wird deutlich, wie wichtig die enge Zusammenarbeit aller
Beteiligten ist.
Was schätzen Sie an Ihrem Beruf am meisten – und was
empfinden Sie als herausfordernd?
Am meisten schätze ich den direkten Kontakt mit Menschen.
Ich kann beraten, Möglichkeiten aufzeigen und in schwierigen Situationen Halt
geben. Herausfordernd ist es, die unterschiedlichen Bedürfnisse von
Patientinnen, Patienten, Angehörigen und dem Spital unter einen Hut zu bringen.
Geeignete Reha- oder Pflegeplätze zu finden, erfordert Zeit und Geduld. Oft
decken sich Wünsche und die persönliche Situation von Patient:innen nicht.
Nicht alles kann finanziert werden oder ist für die individuelle Patientensituation
passend. Hier sind Fingerspitzengefühl, Ausdauer und kreative Lösungen
gefragt.
Gibt es ein Erlebnis in Ihrer Arbeit, das Ihnen besonders in
Erinnerung geblieben ist?
Sehr eindrücklich war das Erlebnis mit einer älteren
Patientin, die nur in die Reha wollte, wenn sie ihren Hund mitnehmen konnte.
Die Nachbarin, die sich bisher um das Tier gekümmert hatte, konnte nicht mehr
helfen. Zuerst suchten wir im Team nach einer Lösung, bis ich eine Reha fand,
die Hunde erlaubt. Für diese Patientin passte das entsprechende Reha-Angebot
jedoch nicht. Am Ende kehrte sie mit Unterstützung nach Hause zurück. Dieses
Erlebnis hat mir gezeigt, wie wichtig auch scheinbar kleine Dinge für das
Wohlbefinden sind.