Gedanken unseres Imkers zum Jahresbeginn

Unser Imker Gregory Blank hat das Wort. Er schreibt: Das Imkerjahr 2021 liegt hinter uns. Ein guter Moment, um mit allen jenen einige Gedanken zu teilen, die sich für die Bienen und einen nachhaltigen Umgang mit unserer Umwelt interessieren. In diesem Artikel will ich versuchen die Imkerei, das letzte Bienenjahr und die Insektenwelt etwas auszuleuchten.

Wenden wir uns zunächst einer ganz konkreten Frage zu und sprechen über die letztjährige Honigernte. Denn viele Menschen in meinem Umfeld wollten von mir wissen, ob ich 2021 ein gutes Honigjahr hatte.

Das Honigjahr 2021: ein totaler Reinfall

Das bringt die Sache leider auf den Punkt. Diese Aussage gilt nicht nur für unser Honigjahr bei der Lindenhofgruppe, sondern für die gesamte Nordschweiz. Während 2020 ein Honigrekordjahr war, haben 2021 die Schnecken ihr Spitzenjahr gefeiert. Woran hat es gelegen? Ich versuche, einige Antworten, Fakten und Überlegungen zu den möglichen und wahrscheinlichen Gründen darzulegen.

Unbeständiges Wetter

Bis Ende März hatten wir eine stabile Hochdruckwetterlage mit zu hohen Durchschnittstemperaturen. Da sprossen früh die Blüten nur so aus den Pflanzentrieben. Doch dann, wir erinnern uns, folgten fast drei Monate mit stabilem Tiefdruckwetter oder mindestens einer Bisenlage. Nach frühem und tollem Jahresstart hatten wir so einen zu kalten Frühling und einen zu nassen Sommer.

Schlechtes Fruchtjahr und läusearmer Sommer

Vermutlich haben 2021 viele Blüten nie eine Biene zu Gesicht bekommen. Noch wahrscheinlicher ist es, dass die Blüten oder die Jungfrüchte erfroren sind. Bei unseren Bienen hatten wir zu Beginn starken Honigeintrag durch viele Blütenbesuche. Leider wurde der gesammelte Honig danach wieder komplett aufgefressen. Auch Bienen brauchen Nahrung. Im Sommer gab es dann leider auch keine zuckererzeugenden Läusepopulationen, die lange genug überlebt hätten, um den Bienen eine genügende Futterquelle zu sein.

Zusatzfütterung

Tatsache ist, dass in der Region Bern und Freiburg noch nie so viel Zuckerwasser für die Bienen gekauft wurde wie im Frühsommer 2021. Wer keines einkaufen musste, hat dafür seinen ganzen Vorrat an Futterwaben vernichtet. Ohne Zusatzfütterung ab Spätfrühling wären die Bienenvölker schlicht verhungert. Der schöne Spätsommer kam dann für die Bienen leider auch zu spät. Da mussten sie schon mit Ameisensäure gegen die Varroamilbe behandelt werden.

Keine Honigräuber weit und breit

Auffallend war im Honigjahr 2021, dass bei der Winterauffütterung mit Zuckerwasser so gut wie keine Räuberei beobachtet werden konnte. Man könnte dafür eine gleichzeitige Spätsommertracht verantwortlich machen. Dagegen spricht jedoch, dass die Zuckerwasser-Fütterung mengenmässig durchschnittlich, sogar etwas höher ausfiel. Zudem konnte ich in dieser Zeit bei unseren Bienenvölkern nie den süssen Geruch wahrnehmen, der sich bei Honigtaueintrag am Flugbrett entwickelt und so verrät, dass es „Hunget“. Ich vermute einen anderen und traurigeren Grund.

Gab es ein Massensterben der wilden Honigbienen?

Die Bienen überleben seit dem flächendeckenden Befall der Varroamilbe in Freiheit ohnehin nur etwa drei Jahre. Dafür kommen in jedem Jahr Hunderte neuer Bienenschwärme hinzu. Den wilden Honigbienen wird der gesammelte Honig nie weggenommen, aber sie bekommen andererseits auch kein Zuckerwasser. Man könnte also vermuten, dass sie dann zu den gefütterten Kolleginnen fliegen, um ihre Vorräte durch Räubern aufzubessern. Aus meiner Sicht als Imker kann ich sogar seuchenspezifische Vorteile darin erkennen, dass die unbehandelten, meist mit der Varroamilbe und anderen Krankheitserregern verseuchten Wildvölker abgestorben sind. Wahrscheinlich gab es bei diesen schwachen oder bereits toten Völkern in diesem Jahr auch kein Futter mehr, das gesunde Bienen hätten holen können und damit auch keine eingeschleppten Krankheitserreger.

Von Fakten und Vermutungen

Als Imker und als Freund wissenschaftlicher Fakten habe ich mir viele Gedanken zu diesem ausserordentlich schlechten Honigjahr gemacht. Ich habe mich zum Beispiel gefragt, was ich und andere daraus lernen können. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es vor allem eine wichtige Einsicht ist, von der wir uns in Zukunft leiten lassen sollten. Sie lautet: Wir Menschen stehen am Ende der Nahrungsketten. Warum das wichtig, möchte ich kurz erläutern.

In den letzten Jahren konnten wir viel vom sogenannten Bienensterben lesen.
Ein komplexes Thema, zu dem auch ein Mythos und ein angebliches Zitat von Albert Einstein kursieren. Sie besagen, dass die Menschheit das Aussterben der Honigbiene nicht überleben würde. Das stimmt so natürlich nicht.
Fakt ist: Neben unserer Honigbiene gibt es noch viele andere Insekten, die den Job des Blütenbestäubens ebenso gut machen.

So schlecht steht es um die Bienen auch gar nicht. Nach zwei schwierigen Jahrzehnten, in dem das Bienensterben omnipräsent war, hat die Imkerei weltweit dazugelernt. Den „imkergepflegten“ Bienen geht es heute wieder gut. Das Bienensterben wurde sozusagen besiegt. Aber auch das ist leider nur zum Teil richtig.
Fakt ist: Verschiedene Studien belegen, dass heute massenhaft Insekten aussterben. Während der letzten 20 Jahre wurde ein Insektenschwund von rund 60% dokumentiert.

Über die Gründe wird spekuliert. Neben dem Klimawandel könnte auch die intensive Landwirtschaft dafür mitverantwortlich sein.

Fakt ist: Viele Insekten stehen am Anfang der Nahrungskette, als Pflanzenbestäuber und als Beutetier.
Durch das Aussterben der Insekten könnten ganze Nahrungsketten zusammenbrechen und wegfallen und mit ihnen die von ihnen abhängigen Lebewesen. Es ist daher vermutlich richtig zu sagen, dass der Insektenschutz fundamental wichtig für uns Menschen ist. Wer Insekten nicht aktiv fördert und pflegt, wie wir Imker das tun, kann dennoch mithelfen, sie besser zu schützen. Zum Beispiel, indem er eine nachhaltige Landwirtschaft unterstützt, nachts draussen unnötige Lichtquellen beseitigt und im privaten Garten oder auf dem Balkon keine Gifte einsetzt. So kann jeder Mensch in seinem Aktionsradius einen Beitrag zum Insektenschutz beitragen. In diesem nachhaltigen Sinne wünsche ich Ihnen und uns allen ein gutes Jahr 2022. Lassen Sie es brummen!

Greg Blank / Ihr Imker der Lindenhofgruppe

Das ganze Jahr für die Lindenhofbienen da: Unser Imker Gregory Blank findet es wichtig, Insekten aktiv zu schützen, zu fördern und zu pflegen.

Miteinander nachhaltig

«Miteinander nachhaltig» -
Eine Initiative der Linden­hofgruppe

Mehr Nachhaltigkeit in der Linden­hofgruppe ist das erklärte Ziel unserer neu gegründeten Arbeitsgruppe. Entstanden ist die Initiative auf Anregung von Mit­arbeiter­­innen und Mitarbeitern. Schon in den letzten Jahren war die Lindenhofgruppe mit Projekten zur Energie-Effizienz, Ökowiesen und Bienenvölkern am Linden­hofspital, ent­sprechen­den Optimierungen in der Pflege und der Hotellerie grün unterwegs. Projekte und Mass­nahmen dieser Art sollen in Zukunft aktiv weiter ausgebaut werden.

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