Interview
mit Caroline Schmutz

«Gut zu wissen: Krebs kann an den Genen liegen.»

Frau Schmutz, in so jungen Jahren an Brustkrebs zu erkranken, damit rechnet niemand. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Caroline Schmutz: «Zunächst einmal war ich froh, dass ich die Chemotherapie ganz gut überstanden habe. Meine Onkologin, Frau Dr. Baumann hat mich einfühlsam begleitet, sie war immer sehr ehrlich, hat mich oft wieder aufgebaut, ohne mir jemals etwas vorzumachen. Wir haben auch über Kinderwunsch und Familienplanung gesprochen. Plötzlich musste ich mir konkrete Gedanken über diese Themen machen. Um mir Optionen für später offen zu halten, konnte ich mich mit Frau Dr. Berger, der ärztlichen Leiterin der In-Vitro-Fertilisation (IVF) bei der Lindenhofgruppe besprechen. Frau Dr. Berger hat mich sehr gut beraten und unterstützt. Ich habe dann Eizellen einfrieren lassen. Am Tag nach der Eizellentnahme begann schon die Chemotherapie. Danach habe ich bei beiden Brüsten die Brustdrüsen entfernen lassen. Zum Abschluss habe ich mich einer Bestrahlung unterzogen. Es gab dann zahlreiche weitere Operationen an den Brüsten, weil die Haut abgestorben war. Gerade habe ich einen Brustaufbau hinter mir. Dabei wurde Eigengewebe verwendet.»

Sie wollten der Ursache für den Krebs auf den Grund gehen. Wie sind Sie vorgegangen?

C.S.: «Da wir nicht ausschliessen konnten, dass es ein Gendefekt sein könnte, habe ich zunächst einen Termin bei Dr. Conrad bekommen. Als Humangenetiker hat er viel Erfahrung bei erblich bedingten Tumorerkrankungen. Dr. Conrad hat den Anfangsverdacht bestätigt. In meiner Verwandtschaft gab es dann auch gerade mehrere Krebsfälle. Inzwischen sind meine Familienangehörigen sensibilisiert und wissen, dass sie sich auch testen lassen können. Bei einem meiner Brüder wurde der Gendefekt auch festgestellt.»

Wie haben Sie die Zeit der Chemotherapie und Bestrahlung erlebt?

C.S.: «Während der Bestrahlung und der Chemotherapie hat mich das Personal vom Lindenhofspital so nett und offen aufgefangen, ich fühlte mich sehr wohl. Sie haben auch verstanden, dass ich alles mit Humor nehme und gerne positiv bleibe. Der Rückhalt im Lindenhofspital tat mir sehr gut. Ich möchte nie mehr in ein anderes Spital. Das ganze Netzwerk von ärztlichem und anderem Fachpersonal hat optimal zusammengespielt, so dass immer alles gut funktioniert hat.»

Wie haben Sie die Behandlung vertragen? Und wie geht es Ihnen heute?

C.S.: «Grundsätzlich habe ich alles gut vertragen. Durch die Chemotherapie sind mir leider die Haare ausgefallen. Man hat mir dann schnell geholfen, eine Perücke zu bekommen. Das war sehr hilfreich. Seit Behandlungsbeginn habe ich rund 15 kg zugenommen. Darum bin ich derzeit in der Ernährungsberatung. Das läuft auch super. Bei jeder neuen Herausforderung habe ich Hilfe von allen Seiten bekommen. Ich wurde sehr gut begleitet. Auch eine Breast Care Nurse stand mir zur Seite, das war auch ein gutes Gefühl. Alle waren immer sehr nett. Inzwischen bin ich wieder im Alltag angekommen und arbeite Vollzeit. Ich möchte dazu beitragen, stärker bekannt zu machen, dass Brustkrebs auch genetisch vererbt werden kann. Wer rechtzeitig Bescheid weiss, kann schneller handeln und hat einfach bessere Chancen gegen den Krebs.»

Unsere Fragen an die Koordinatorin des Brustzentrums Bern Dr. med. Anneke Heverhagen

Dr. med. Anneke Heverhagen ist Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe am Brustzentrum Bern. Als Brustspezialistin betreut sie Frauen während und nach einer Brustkrebserkrankung.

Frau Doktor Heverhagen, was ist Ihnen bei der Therapie von Brustkrebs besonders wichtig. Worauf kommt es an?

Anneke Heverhagen: «Bei der Therapie kommt es mir auf eine ganzheitliche und individuelle Betreuung an. Jede Frau, die an Brustkrebs erkrankt, sollte eine individuell massgeschneiderte Therapie erhalten. Gleichzeitig sind mir die persönlichen Bedürfnisse der Frauen wichtig. Es gefällt mir, dass wir dieses Konzept in enger Zusammenarbeit sowohl mit den häufig langjährig betreuenden Ärztinnen oder Ärzten der Frauen als auch mit dem Team aus hochspezialisierten Fachkräften unseres Brustzentrums umsetzen dürfen. Weiter lege ich grossen Wert darauf, die Frauen in Ihrer jeweils speziellen Situation abzuholen und sie zu ermutigen selbst positiven Einfluss auf ihre Erkrankung zu nehmen, zum Beispiel über die Ernährung oder sportliche Betätigung oder andere Lebensstil-Faktoren.»

Die Patientin Frau Schmutz war alarmiert, als sie in ihrer Brust einen Knoten entdeckt hat. Gibt es weitere Symptome und Beschwerden, die auf Brustkrebs hindeuten können?

A. H.: «Brustkrebs kann in Form von tastbaren Knoten oder Verhärtungen in der Brust auftreten. Ausserdem kann eine veränderte Grösse oder Form der Brust oder eine unterschiedliche Bewegung der Brüste beim Anheben des Armes auf eine bösartige Erkrankung hindeuten. Farb- oder Gefühlsänderungen der Brusthaut, des Warzenvorhofs oder der Brustwarze oder eine wässrige oder blutige Absonderung der Brustwarze sollten ebenfalls weiter abgeklärt werden. Eine sich nach innen einziehende Brustwarze oder Brusthaut, vergrösserte Lymphknoten unter den Achseln und eine neue Schuppung oder Rötung der Brusthaut können ebenfalls ein Symptom für Brustkrebs sein.»

Seit einigen Jahren ist die Zahl der Frauen, die an Brustkrebs sterben, rückläufig. Zu einem grossen Teil liegt das an der Früherkennung. Welche Vorsorgemöglichkeiten gibt es?

A.H.: «Mit einem Mammographiescreening können Tumore frühzeitig entdeckt werden. Bei dichtem Drüsengewebe kann diese Untersuchung mit einer Tomosynthese und einem Brustultraschall kombiniert werden. Zusätzlich sind die regelmässige Selbstuntersuchung der Brust sowie ein Abtasten der Brust bei der gynäkologischen Vorsorge angezeigt. Die betreuende Ärztin oder der betreuende Arzt empfiehlt bei jeder Frau eine risikoadaptierte massgeschneiderte Vorsorge. Wird ein Krebs früh erkannt, erhöhen sich die Heilungschancen erheblich.»

Es gibt verschiedene Arten von Brustkrebs. Sind alle gleich gefährlich?

A.H.: «Wie gefährlich ein bösartiger Tumor ist, hängt zum einen vom Erkrankungsstadium ab, das heisst, wie weit ein Tumor sich bereits im Körper verbreitet hat, zu anderen aber auch von seinem biologischen Verhalten. Dies kann von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein. Es kommen sehr glimpflich verlaufende Erkrankungen mit guten Heilungschancen bei vergleichsweise wenig Therapie vor, aber auch aggressivere Erkrankungen, welche eine intensive Therapie erforderlich machen.»

Ein Viertel der von Brustkrebs Betroffenen ist zum Zeitpunkt der Diagnose jünger als 50 Jahre alt. Welche Rolle spielt das Alter bei der Diagnose und Therapie aus medizinischer Sicht?

A.H.: «Der grössere Anteil der Frauen mit Brustkrebs ist bei der Diagnosestellung älter als 50 Jahre. Die Tumoreigenschaften bei älteren Frauen sind zu einem grossen Anteil eher günstig und die Tumoren häufig gut zu therapieren. Jüngere Frauen haben etwas häufiger eine ungünstigere Tumorbiologie und damit auch eine etwas schlechtere Prognose. Ausserdem tragen jüngere Frauen etwas häufiger eine Genmutation in sich als Ursache für den früheren Brustkrebs. Häufig wissen die Frauen nicht, dass sie Mutationsträgerinnen sind, gleichzeitig startet das regelmässige Mammografiescreening in der Schweiz erst ab dem Alter von 50 Jahren. Grundsätzlich stehen jüngeren und älteren Frauen die gleichen Therapieoptionen zur Verfügung. Je nach Schwere der Erkrankung und begleitenden gesundheitlichen Einschränkungen kann sich die Therapie bei älteren Frauen jedoch anders gestalten als bei jüngeren Frauen. Bei jüngeren Frauen kommen häufiger weitere Faktoren hinzu wie beispielsweise eine nicht abgeschlossene Familienplanung und damit der Wunsch nach Erhalt der Fruchtbarkeit während der Therapie.»
Miteinander gegen Brustkrebs ist keine Floskel, sondern Grundlage unseres Handelns in der Begleitung und Therapie unserer Patientinnen und ihrer Nahestehenden.
Miteinander gegen Brustkrebs ist keine Floskel, sondern Grundlage unseres Handelns in der Begleitung und Therapie unserer Patientinnen und ihrer Nahestehenden.

Brustkrebsmonat Oktober

Die «Rosa Schleife» wurde erstmals im Herbst 1991 von einer US-amerikanischen Stiftung eingesetzt. Inzwischen hat sie sich zu einem internationalen Symbol entwickelt. Wer sie trägt, demonstriert Solidarität mit von Brustkrebs Betroffenen. Mit einer Gesundheits­kampagne macht auch die Lindenhofgruppe verstärkt auf das Thema Brustkrebs aufmerksam.

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